Abgeltungssteuer

Ab dem 01. Januar 2009 löst die Abgeltungsteuer die bisherige Kapitalertragsteuer ab.

 

Mit dieser Abgeltungsteuer werden künftig sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 EStG erfasst. Betroffen sind neben dem klassischen Sparer und Geldanleger unter anderem auch GmbH-Gesellschafter, Aktionäre und typisch stille Gesellschafter. Die Steuer wird nach einer Art „Pauschale“ erhoben und direkt an der Quelle, zum Beispiel beim Geldinstitut, der ausschüttenden Kapitalgesellschaft oder beim Fonds (gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Freibeträgen) einbehalten und abgeführt. Zwar müssen dann diese Kapitaleinkünfte grundsätzlich nicht mehr in der Einkommensteuererklärung angegeben werden, indes besteht die Möglichkeit der Optierung zur Regelbesteuerung nach dem individuellen Steuersatz.

 

Das Recht der Abgeltungsteuer ist äußerst komplex und schwierig. Darüber sollten Sie sich von Berichten in den Medien und Werbeanzeigen von Instituten nicht täuschen lassen. Die Abgeltungsteuer hat nicht nur Auswirkungen auf die Einkommensbesteuerung, sondern auch auf andere Lebensbereiche. Nachfolgend geben wir Ihnen grundlegende Informationen, empfehlen Ihnen aber dringend, eine individuelle Beratung in Anspruch zu nehmen.

 

 

1. Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer

 

Unter die Abgeltungsteuer fallen künftig grundsätzlich alle im Inland bezogenen Einkünfte aus Kapitalvermögen. Das sind zum Beispiel Zinserträge aus Geldeinlagen (zum Beispiel auf Spar- oder Tagesgeldkonten) bei Sparkassen, Banken und anderen Geldinstituten, Kapitalerträge aus Forderungswertpapieren, Erträge aus Investmentfonds, Termingeschäfte, Zertifikate, Gewinnausschüttungen und Dividenden sowie grundsätzlich die Erträge aus Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Die Steuerpflicht greift unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage; es ist danach ausreichend, wenn sowohl die Rückzahlung als auch die Gewährung eines Entgelts ungewiss sind.

 

Steuerpflichtig sind ferner

 

-   die Veräußerung von Anteilen an Körperschaften (Aktie oder Geschäftsanteil),

 

-   die Veräußerung von Kupons (Dividenden- oder Zinsscheinen) ohne das Stammrecht,

 

-   die Gewinne bei Termingeschäften,

 

-   die Veräußerung eines Anteils an einer stillen Gesellschaft

 

-   die Veräußerung (eines Anteils) eines partriaischen Darlehens,

 

-   die Rechtsübertragung bei Hypotheken, Grundschulden und Renten,

 

-   die Veräußerung einer Kapitallebensversicherung und

 

-   die Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder einer Rechtsposition im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG.

 

Neben der Veräußerung ist ebenfalls die Einlösung der jeweiligen Kapitalforderung (bei Endfälligkeit) steuerpflichtig.

 

Ab dem 01. Januar 2009 gilt außerdem das Halbeinkünfteverfahren (wonach nur die Hälfte der erhaltenen Gewinnausschüttungen und Dividenden versteuert wurden) für Gewinnausschüttungen (aus GmbHs) und Dividenden (aus Aktiengesellschaften) an Gesellschafter, die ihre Beteiligungen im Privatvermögen halten, nicht mehr. Fortan unterliegen diese Gewinnausschüttungen und Dividenden voll der Abgeltungsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und etwaiger Kirchensteuer (vgl. Ziffer 2).

 

Erfasst werden des Weiteren sämtliche Gewinne aus privaten Wertpapierverkäufen (Aktien etc.), unabhängig davon, wie lange diese gehalten wurden. Damit werden solche Gewinne, die bisher nur im Rahmen der Spekulationsgeschäfte steuerlich erfasst wurden, auch bei einer Haltedauer von mehr als einem Jahr steuerpflichtig. Die für das Jahr 2008 noch geltende Freigrenze von 600,00 Euro für Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gibt es ab dem 01. Januar 2009 nicht mehr! Denn mit der Abgeltungsteuer werden für Kapitalerträge aus privaten Wertpapiergeschäften neben der bisherigen Spekulationsfrist und dem Halbeinkünfteverfahren auch die Freigrenzen bei Spekulationsgeschäften gestrichen. § 23 EStG gilt nur noch für private Veräußerungsgeschäfte mit Edelmetallen, Münzen, Schmuck, Antiquitäten, Kunstgegenstände etc.

 

Von der Abgeltungsteuer sind ausgenommen zum Beispiel Anteile an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 17 EStG (Beteiligung mindestens 1 % am Gesellschaftskapital innerhalb der letzten fünf Jahre). Solche Erträge unterliegen künftig dem Teileinkünfteverfahren mit einer Besteuerung von 60 % der Erlöse. Ebenfalls nicht der Abgeltungsteuer unterliegen Zinserträge aus Bankguthaben etc., die im Rahmen einer gewerblichen Betätigung anfallen. Zudem werden Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG auf Antrag vom Steuerabzug in Form der Abgeltungsteuer freigestellt, sofern sie zu mindestens 25% an der Kapitalgesellschaft beteiligt oder zu mindestens 1% an der Kapitalgesellschaft beteiligt und zugleich beruflich für diese tätig sind. Insoweit tritt anstelle der Abgeltungsteuer das Teileinkünfteverfahren. Der Antrag gilt, solange er nicht widerrufen wird, für die folgenden vier Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind. Nach erfolgtem Widerruf des Antrages ist ein erneuter Antrag des Steuerpflichtigen für dieselbe Beteiligung an der Kapitalgesellschaft allerdings nicht mehr möglich.

 

Nicht unter die Abgeltungsteuer fallen Zinsen aus einem Privatdarlehen und Einkünfte aus Kapitalvermögen im Ausland, die nicht über ein inländisches Geldinstitut verwaltet werden; insoweit müssen die Einkünfte nach wie vor zwingend in der Einkommensteuererklärung angegeben werden. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit vielen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen, sodass die tatsächliche Ausgestaltung für fast jedes Land unterschiedlich sein kann, da teilweise vor Ort ebenfalls Quellen- oder Abgeltungsteuern erhoben werden, die ganz oder zum Teil anrechenbar sind.

 

 

2. Abgeltungsteuersatz, Sparer-Pauschbetrag und Werbungskostenabzug

 

Der Abgeltungsteuersatz beträgt 25% zuzüglich Solidaritätszuschlags (5,5%) und etwaiger Kirchensteuer (8% oder 9%). Das ergibt eine Gesamtbelastung mit Abgeltungsteuer in Höhe von 26,375% (ohne Kirchensteuer).

 

Bei Kirchensteuerpflicht wird die Abgeltungsteuer um 25% der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer ermäßigt, woraus sich inklusive der Kirchensteuer eine Belastung von 27,819% bei 8%iger und von 27,995% bei 9%iger Kirchensteuer ergibt. Wer will, lässt das Geldinstitut die Kirchensteuer ermitteln, einbehalten und über das für ihn zuständige Finanzamt an die Religionsgemeinschaften abführen. Hierzu bedarf es eines schriftlichen Antrages, der nur einheitlich für alle Kapitaleinkünfte gestellt werden kann. Wird kein Antrag gestellt, wird auch keine Kirchensteuer einbehalten, obgleich die Kirchensteuerpflicht bestehen bleibt: Die entsprechenden Angaben müssen dann in der Einkommensteuererklärung gemacht werden.

 

Der künftige Sparer-Pauschbetrag beträgt bei steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen ab dem 01. Januar 2009 für Ledige 801,00 Euro und für Verheiratete 1.602,00 Euro; er ersetzt den bisherigen Sparerfreibetrag und Werbungskostenpauschbetrag. Hieraus folgt, dass fortan grundsätzlich keine tatsächlich entstandenen Werbungskosten (Depotgebühren, Re-Finanzierungszinsen für den Erwerb und die Stärkung der Kapitalbeteiligung, Fahrten zur Hauptversammlungen bei Aktienvermögen, Verlustzuweisungen an typisch stille Gesellschafter, da diese Verluste bislang Werbungskosten darstellten) geltend gemacht werden können. Davon ausgenommen sind wiederum diejenigen, die entweder zu mindestens 25% an einer Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) beteiligt sind oder eine mindestens 1%ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft halten und für diese beruflich tätig sind; letztere werden auf Antrag individuell besteuert und kommen in den Genuss eines 60%igen Werbungskostenabzugs nach dem Teileinkünfteverfahren. Es bedarf fortan genauer Prüfung, wenn Sie zum Beispiel Geschäftsanteile an einer GmbH erwerben wollen, ob Sie sich individuell veranlagen lassen können, um den Vorzug des 60%igen Werbungskostenabzugs zu erlangen.

 

 

3. Verlustberücksichtung und -bescheinigung

 

Verluste werden in der Weise berücksichtigt, dass zunächst positive und negative Einkünfte (z. B. Zinsen aus Einlagen und festverzinslichen Wertpapieren, Gewinne und Verluste aus Veräußerungsgeschäften) auf Ebene der Bank verrechnet werden, wobei Verluste aus dem Verkauf von Aktien, die nach dem 31. Dezember 2008 erworben wurden, grundsätzlich nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden können. Ein verbleibender Verlust wird vom Geldinstitut entweder auf das nächste Jahr vorgetragen oder, auf Antrag des Kunden bis zum 15. Dezember eines Jahres, bescheinigt und kann mit Kapitaleinkünften (keine Verrechnung mit anderen Einkunftsarten) des laufenden Jahres bei anderen Banken oder mit Kapitaleinkünften der Folgejahre verrechnet werden. Altverluste, die aus privaten Veräußerungsgeschäften vor 2009 angefallen sind, können im Rahmen einer Übergangsregelung bis zum Jahr 2013 mit Kapitaleinkünften (Aktien, Wertpapier und Termingeschäfte) nach neuem Recht verrechnet werden; eine Verrechnung mit Zinseinkünften oder Dividendenausschüttungen ist jedoch nicht möglich.

 

Realisieren Sie Verluste, ist es in Ihrem ureigensten steuerlichen Interesse, sich entsprechende Verlustbescheinigungen des Geldinstitutes erteilen zu lassen.

 

 

4. Abgeltungswirkung und Steuererklärung

 

Kapitalerträge, von denen Abgeltungsteuer abgezogen wurde, brauchen nicht mehr in der Einkommensteuererklärung angegeben zu werden.

 

Der Steuerpflichtige hat aber die Option, die Einbeziehung seiner Kapitalerträge in die Einkommensteuerveranlagung beantragen, etwa weil bei ihm ein niedrigerer persönlicher Steuersatz als 25 % zur Anwendung kommt (Veranlagungswahlrecht). Dadurch soll vermieden werden, dass Steuerpflichtige mit niedrigem Einkommen überproportional hoch besteuert werden. Hierfür ist zwingend eine Bescheinigung des Geldinstituts über die einbehaltende Abgeltungsteuer notwendig. Sie sollten daher in Ihrem eigenen steuerlichen Interesse sich von jedem in Frage kommenden Geldinstitut entsprechende Bescheinigungen über die abgeführten Abgeltungsteuerbeträge ausstellen lassen. Nur dann kann durch Ihren steuerlichen Berater geprüft werden, ob die Veranlagung mit dem individuellen Steuersatz oder aber die Abgeltungsbesteuerung günstiger ist.

 

Allerdings ist auch bei individueller Besteuerung ein Abzug der tatsächlichen Werbungskosten im Zusammenhang mit privaten Kapitalerträgen nicht mehr zulässig. Solche Kosten sind mit dem Sparer-Pauschbetrag (siehe Ziffer 2) abgegolten.


5. Chancen und Risiken sowie Auswirkungen auf andere Lebensbereiche

 

Die Abgeltungsteuer ist vorteilhaft für Personen mit einem individuellen Grenzeinkommensteuersatz von mehr als 25%.

 

Angesichts der ausnahmslosen Besteuerung von Veräußerungsgewinnen werden Aktien- und Fondsinvestments, die in der Regel eher dem Vermögensaufbau zuzurechnen sind, grundsätzlich unattraktiver. Das gilt allerdings nur für Neuanlagen ab dem 1. Januar 2009: Alle Wertpapiere, die bis zum 31. Dezember 2008 gekauft werden, unterliegen der alten Regelung und sind bei Veräußerung nach zwölf Monaten steuerfrei. Veräußerungsgewinne bei Zertifikaten sind allerdings unabhängig von der Besitzdauer steuerpflichtig für Erwerbe seit dem 14. März 2007, sofern die Papiere nach dem 30. Juni 2009 veräußert werden.

 

Die Erträge aus einer Kapitallebensversicherung und Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht, die bereits vor 2005 geschlossen worden ist, bleiben unter bestimmten Voraussetzungen weiter steuerfrei, insbesondere dann, wenn die Versicherung frühestens nach zwölf Jahren Laufzeit aufgelöst oder verkauft wird. Für solche Versicherungen ändert sich durch die Abgeltungsteuer nichts; die Einnahmen aus solchen Versicherungen unterliegen selbst dann nicht der Abgeltungsteuer, wenn die Versicherung (steuer-) schädlich verwendet wird.

 

Erträge aus Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht, die ab dem 01. Januar 2005 abgeschlossen wurden, unterliegen dagegen bei vorzeitiger Kündigung der Abgeltungsteuer. Hat die Laufzeit aber mindestens zwölf Jahre betragen und liegt die Fälligkeit nach dem 60. Lebensjahr, werden sie wie bisher bei Fälligkeit zur Hälfte besteuert. Wird ab 2009 eine Kapitallebensversicherung oder eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht verkauft, muss eine 25%ige Einkommensteuer auf den Gewinn entrichtetet werden, falls der Versicherungsvertrag nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossen wurde. Wurde der Versicherungsvertrag dagegen noch bis zum 31. Dezember 2004 abgeschlossen, unterliegt ein Verkaufsgewinn ab 2009 nur dann der 25%igen Einkommensteuer, wenn die zwölfjährige Mindestvertragsdauer nicht eingehalten wurde oder wenn eine steuerschädliche Verwendung vorlag.

 

Private Rentenversicherungen oder die staatlich geförderten Riester- und Rürup-Verträge zur Altersvorsorge unterliegen nicht der Abgeltungsteuer, sondern werden wie bisher auch weiterhin individuell besteuert.

 

Die Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Abgeltungsteuer unterliegen, sind neben den steuerlichen Angelegenheiten auch für andere Rechtsverhältnisse bedeutsam. So müssen Kapitaleinkünfte bei der Beantragung staatlicher Leistungen angegeben werden, andernfalls drohen beträchtliche, teils strafrechtliche Sanktionen. Da die bisher gesetzlich vorgeschriebenen Steuerbescheinigungen künftig wegzufallen drohen, ist es in Ihrem Interesse, gleichwohl Bescheinigungen über einbehaltene Abgeltungssteuern von den Geldinstituten zu erhalten. 

  

Die Abgeltungsteuer birgt Chancen und Risiken. Auch im verständlichen Bemühen um eine steueroptimale Gestaltung der Lebensverhältnisse sollte dennoch niemand übereilt handeln, ohne vorher eine steuerlich fundierte Beratung erfahren zu haben.

 

Nutzen Sie Ihre Chance. Sprechen Sie uns an. 

 
 
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